Hollow Knight - Mein Spiel des Jahres 2017

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Anfang diesen Jahres habe ich Hollow Knight gekauft, weil es mich irgendwie anlachte. Normalerweise sind 2D-Platformer gar nicht mein Ding, aber sowohl der eigenwillige Artstyle als auch der Soundtrack versprachen eine interessante Spielwelt. Die bekannte Souls-like Todesmechanik und der gehobene Schwierigkeitsgrad reizten mich als Dark Souls Fan zusätzlich. Das war im Prinzip neben dem Trailer alles, was ich über das Spiel wusste und ich riskierte das Investement ohne zu große Erwartungen. Ich sollte noch sehr überrascht werden.

Das Kennenlernen

Zunächst mal fängt Hollow Knight ähnlich wie Dark Souls völlig ohne große Einleitung an. Man weiß so gut wie nichts über die Spielwelt, den Charakter, den man spielt (fortan Knight genannt), oder was eigentlich das Ziel des Spiels ist. Ohne viel Erklärung wird man einfach in die Spielwelt entlassen und muss sich von nun an selbst zurecht finden. Das funktioniert meiner Meinung nach wirklich sehr gut. Hintergrundinformationen zu der Spielwelt, der Vorgeschichte und zum Knight selbst erfährt man in Hollow Knight hauptsächlich über Dialoge mit anderen Bewohnern des verlassenen und trostlos wirkenden Königreichs und über Tafeln, auf denen teils kryptische Informationen zu lesen sind. Das Tutorial - sofern man das so nennen möchte - besteht aus ein paar solcher Steintafeln auf den ersten Metern in Richtung Dirtmouth, dem oberirdischen, kleinen Dörfchen, das von nun an der Ausgangspunkt für alle Abenteuer im unterirdischen Königreich ist, und sie erklären einem gerade so die grundlegende Steuerung des Charakters.

Dirtmouth
Dirtmouth

Im Örtchen Dirtmouth angekommen begibt man sich hinab in den Dorfbrunnen, welcher den Eingang zum Königreich darstellt. Man beginnt, begleitet von der sehr stimmigen Hintergrundmusik, das unbekannte Areal zu erkunden. Dabei trifft man auf viele Käfer und Insekten, die einen angreifen, und verteidigt sich mit seinem Nagel ("Nails" heißen die Schwerter in Hollow Knight). Mehr als ein einfacher Sprung und dieser Nahkampfangriff stehen einem erstmal nicht zur Verfügung. Trifft man auf eine Stelle, an der es augenscheinlich nicht weiter geht, kehrt man um und erkundet woanders weiter. Früher oder später trifft man auf Cornifer, einen der vielen freundlich gesinnten Käfer, von welchem man Karten für das aktuelle Areal kaufen kann. Diese bezahlt man mit Geo, der Währung in Hollow Knight. Auf den Karten wird anfangs nur ein Teil des Areals, in welchem man sich befindet, schemenhaft abgebildet. Nachdem man bei Iselda, Cornifers Frau, welche den kleinen Laden der beiden in Dirtmouth betreibt, eine Feder gekauft hat, kann man diese Karten vervollständigen, indem man erkundet und sich dann auf eine Bank setzt. Diese fungieren in Hollow Knight als Speicherstellen, ähnlich wie die Bonfires in Dark Souls. An der zuletzt benutzten Bank wird man wiederbelebt, wenn man stirbt, und von dort startet das Spiel, wenn man es verlassen hat. Zurück zu den Karten. Hier liegt der wahrscheinlich einzige Kritikpunkt, den ich an Hollow Knight finde: Dass man sich erst auf eine Bank setzen muss, damit die erkundeten Teile eines Areals in die Karte gezeichnet werden. Das in Verbindung mit dem Fakt, dass man nur mit einem bestimmten Charm (was genau Charms sind erkläre ich noch) auf der Karte sehen kann, wo man sich gerade befindet, erschwert es neuen Spielern, die die Spielwelt noch nicht so in und auswendig kennen, sich am Anfang zurecht zu finden. Hier gilt es nicht zu verzagen und sich anhand der Konturen eines Raums auf der Karte zu orientieren.

Karte
Die Karte in Hollow Knight

Wie beschrieben trifft man beim Erkunden desöfteren auf Sackgassen, in denen es scheinbar nicht weiter geht. Zum Beispiel, weil ein Vorsprung, der zu einem weiteren Raum führt, zu hoch ist, um ihn zu erreichen. Spätestens hier merkt man, dass man ein klassisches Metroidvania Spiel spielt. Mit der Zeit und größerem Fortschritt erhält der Knight zusätzliche Mobilitätsfertigkeiten, die ihn solche Hindernisse passieren lassen. So schafft es Hollow Knight den Spieler anfangs - trotz relativ großer Freiheiten - ziemlich linear durch die Spielwelt zu führen. Je weiter man sich durch die Spielwelt kämpft, umso mehr solcher Fähigkeiten erhält man. Es gibt zum Beispiel einen Dash, eine Kralle, die es dem Knight ermöglicht an Wänden hochzuspringen, einen Doppelsprung, einen Superdash, welcher den Knight große, horizontale Strecken überqueren lässt und noch ein paar mehr. Hat man diese Fähigkeiten alle gesammelt, steht einem die gesamte Spielwelt offen. Stück für Stück erspielt man sich so immer mehr Areale, in die man vordringen kann.

Der erste Boss

The False Knight
The False Knight

Schon relativ bald erreicht man im ersten Areal den ersten Boss des Spiels. Hier spielt Hollow Knight eine seiner ganz großen Qualitäten aus: Die Bosskämpfe. Es gibt eine Unmenge an Bossen, die teils auch optional sind, welche darauf warten bezwungen zu werden. Jeder Boss hat seine eigenen Fähigkeiten, Bewegungsmuster und Angriffe und fordert andere Taktiken und Vorgehensweisen vom Spieler. Beim besagten ersten Boss hat man noch nicht viel Spielraum, weil man sich nur ziemlich eingeschränkt bewegen kann, keine Zauber zur Verfügung hat und (fast) keine Charms zur Auswahl hat. So bleibt einem nicht viel mehr als seinen Angriffen auszuweichen und ihn in den Pausen dazwischen möglichst oft mit dem Nagel zu treffen.

The False Knight

Hier sterben vermutlich schon viele Spieler ihren ersten Tod, so wie ich. Das bedeutet dann, genau wie bei Dark Souls, dass alle Gegner, die man vorher besiegt hatte, nun wieder da sind und am Ort des Ablebens nun der Geist des Knights wartet, welcher das gesammelte Geo bei sich trägt. Diesen zu besiegen, um sein Geo wiederzuerlangen, sollte oberste Priorität haben. Der Geist kämpft zwar gegen den Knight, ist aber normalerweise kein schwerer Gegner. Knifflig kann das ganze nur werden, wenn er an Stellen ist, die schwierig zu erreichen sind, oder in einem Bossraum wartet, wo dann neben dem Geist auch noch der Boss gegen den Knight kämpft. Mit ein wenig Übung stellt aber auch das selten ein Problem dar. Hier ein kleiner, genereller Tipp für Anfänger in Bosskämpfen: Aggression zahlt sich meistens aus. Nur nicht übermütig werden und zu viele Treffer kassieren.

Karte

Hat man den ersten Boss besiegt, erhält man im nächsten Raum seinen ersten Zauber und den für die meisten Anfänger vermutlich ersten Charm. Die Zauber in Hollow Knight sind alle ziemlich mächtig und sollten regelmäßig eingesetzt werden. Sie werden mit Soul gewirkt, was im Prinzip einfach eine Art Mana ist. Soul erhält man, indem man Gegner mit dem Nagel und später auch dem Traumnagel trifft. Für jeden Treffer, den ihr landet, erhaltet ihr also ein bisschen Soul, welches ihr dann entweder zum Heilen oder für einen der offensiven Zauber verwenden könnt. Insbesondere in Bosskämpfen könnt ihr so bei eurem Schaden nochmal ein ordentliches Schippchen oben drauf legen und so das Geplänkel möglichst kurz halten.

Charms - das große Experimentieren

Charm Menü
Charm Menü

Wie schon erwähnt erhaltet ihr nach dem ersten Boss neben dem ersten Zauber auch euren vermutlich ersten Charm. Charms sind ausrüstbare Gegenstände, die die Fähigkeiten des Knights erweitern. Ihr habt eine bestimmte Anzahl an Charm Notches und jeder Charm benötigt eine gewisse Zahl Charm Notches um ausgerüstet zu werden. Ausrüsten könnt ihr Charms ausschließlich wenn ihr auf Bänken sitzt, sodass ihr also nicht während einem Kampf eure Charm-Konfiguration abändern könnt. Die Anzahl eurer Charm Notches lässt sich mit zunehmendem Spielfortschritt auch erweitern, sodass ihr mehr oder mächtigere Charms ausrüsten könnt. Das erlaubt euch mit der Zeit und wachsender Auswahl an Charms eine beachtliche Anzahl von Kombinationen, die ihr ausrüsten könnt. Hier hat es mir wahnsinnigen Spaß gemacht, verschiedene Kombinationen von Charms auszuprobieren und zu analysieren, was mir warum am besten gefällt. Es gibt jede Menge Charms (40 an der Zahl aktuell), welche alle verschiedene Vorzüge haben und in bestimmten Kombinationen sehr nützlich sein können. Manche schützen euch beim Heilen, andere lassen euch schneller heilen, wieder andere verbessern die Reichweite, die Geschwindigkeit oder den Schaden eurer Nagelhiebe, verstärken eure Zaubersprüche, lassen euch mehr Soul sammeln oder oder oder. Es gibt einfach irre viele Möglichkeiten zur Anpassung an euren Spielstil.

SpelltwisterShaman StoneFragile Strength

Viele der fordernden Bosskämpfe sind mit bestimmten Charm-Kombinationen deutlich leichter zu bewältigen und auch hier machte es mir großen Spaß, solche Kombinationen auszutüfteln. Allerdings bleiben die meisten Bosskämpfe auch mit guten Charms eine ordentliche Herausforderung. All der Schaden, das Soul, die Heilung oder was auch immer hilft euch herzlich wenig, wenn ihr das erste mal gegen einen Boss antretet und dessen Angriffsmuster und Bewegungen nicht kennt, folglich also ständig Treffer kassiert. Charms eröffnen einem also einen großartigen Spielplatz zum Tüfteln und Optimieren, können einem aber nie die Beschäftigung mit den Bossmechaniken abnehmen oder grundlegende Skills wie das Ausweichen komplett ersetzen.

Immer wieder neues

Falls euch das noch nicht klar ist: Hollow Knight ist ein Spiel, das euch ständig in kaltes Wasser wirft. Ihr müsst stetig neue Gebiete erkunden, trefft dabei jedes mal auf neue Gegnertypen, die andere Taktiken erfordern, und müsst euch überall immer neu zurecht finden. Aber gerade das macht für mich solche Spiele auch sehr interessant. Ähnlich wie bei Dark Souls wird man ohne Leitfaden in eine unbekannte, tödliche und wunderschöne Welt entlassen und macht diese Stück für Stück zu seiner eigenen. Jeder Schritt zur Eroberung eines neuen Gebietes wird begleitet von dessen ganz eigenem Thema, eigener Hintergrundmusik und immer neuen Dialogen und Hintergrundinformationen, die man sammelt. So setzt sich nach und nach ein immer genaueres Bild der Spielwelt zusammen, in welcher man sich da befindet. Und Hintergrundgeschichte gibt es bei genauerem Hinsehen nicht zu knapp. Ich möchte hier aber niemandem den Spaß daran nehmen, diese selbst zu erforschen, deshalb werde ich darauf nicht weiter eingehen.

Der

Die Spielwelt ist bei all dem so schön, dass mir so manches mal sprichwörtlich die Klappe gefallen ist. Hinzu kommt der bereits erwähnte, absolut großartige Soundtrack, der mich bis zuletzt begeistert hat, und den ich mir direkt nach meinem ersten Playthrough dazu kaufte, um ihn auch neben der Arbeit oder beim Lesen genießen zu können. Ich bin normalerweise kein Mensch, der sich besonders vom Artstyle oder der Musik eines Spiels berauschen lässt (bis auf wenige Ausnahmen wie der MGS Saga oder Okami), aber Hollow Knight hat mich hier richtig erwischt. Selten habe ich den künstlerichen Aspekt eines Spiels dermaßen gefeiert wie bei diesem Meisterstück.

Atmosphäre in Hollow Knight

Und lasst euch gesagt sein: Für die läppischen 15€, die Hollow Knight derzeit kostet, bekommt ihr Content bis zum Abwinken. Mein erster Playthrough, bei dem ich die vollen 106% Spielfortschritt (dazu gleich mehr) geholt habe, war ganze 37 Stunden lang. Und selbst damit ist das Ende der Fahnenstange dann nicht erreicht. Es gibt insgesamt drei Enden zu entdecken, von denen zugegebenermaßen eines nur eine kleine Abwandlung eines anderen ist, also im Prinzip zwei Hauptenden. Es gibt mehrere Stellen im Spiel, an denen nebensächliche Entscheidungen anders getroffen werden können. Die Entwickler von Team Cherry legen dem Basisspiel zusätzlich noch drei kostenlose DLCs bei, von denen bisher zwei erschienen sind. Die zwei bisherigen DLCs bieten jeweils neue Bosse und der zweite auch neue Charms. Durch die neu hinzugekommenen Dinge, die man im Spiel erreichen kann, liegt der maximal zu erzielende Spielfortschritt derzeit bei 106%. Das wird sich vermutlich mit dem kommenden DLC Gods and Glory nochmals ändern. Dieser soll im Frühjahr diesen Jahres erscheinen und ich kann es ehrlich gesagt kaum erwarten.

Gods and Glory
Gods and Glory

Zusätzlich zu all dem Content gibt es ja auch noch Achievements: Für Spieler, die sich mit diesen motivieren lassen, stehen noch verschieden geartete Speedruns auf dem Programm. Nach dem ersten Durchspielen erhält man außerdem Zugang zum Steel Soul Mode. Ein Modus mit nur einem Leben, in dem es noch zwei weitere Achievements zu holen gilt. Und das ist eine wirklich große Herausforderung, die mir persönlich viel Spaß gemacht hat. Alles in allem habe ich nun schon 70 Stunden Spielzeit auf der Uhr. Keine davon war langweilig oder wirkte gezwungen. Und ich erinnere an dieser Stelle gerne nochmal an den Preis, den ich dafür bezahlt habe.

Die letzte Fußnote

Auch wenn Hollow Knight dem Spieler nicht gerade mit dem Vorschlaghammer Emotionen einprügelt, so ist es doch ein extrem stimmungsvolles Werk, in welchem man sich sehr gut verlieren kann. Etwas, das mir schon sehr lange Zeit so nicht mehr passiert ist. Ich glaube das letzte mal war das in Witcher 3. Ohne viele Worte wirkt das Spiel auf den Spieler und beeinflusst seine Stimmung eigentlich nur über die optischen und musikalischen Eindrücke, die er in der Welt sammelt. Zu manchen Charakteren baut man eine kleine Bindung auf, aber das ganz große Drama sucht man hier vergeblich. Trotzdem ist die Geschichte von Hollow Knight und seinem zerfallenen Königreich so mitreißend, dass ich jedes bisschen davon aufgesogen habe wie ein Schwamm. Und nicht zuletzt der absolut geniale Bosskampf am Ende (egal welches) hat mich sehr mitgerissen und berührt. Ich möchte hier nicht spoilern, deshalb verrate ich selbstverständlich keine Einzelheiten, sondern nur mein persönliches Gefühl: Dass ich am Ende eines Spiels mit dem Endgegner leide ist ein ziemlich sicheres Anzeichen dafür, dass die zugrundeliegende Geschichte gut erzählt ist und das Spiel jede Minute meiner Zeit wert war.

Die Schönheit von Hollow Knight

Ich hoffe ich konnte euch von den Qualitäten von Hollow Knight überzeugen und dass ihr es euch zumindest mal anschaut. Auch wenn ich es erst Anfang 2018 für mich entdeckt habe, ist es mit Abstand der beste Anwärter auf mein persönliches Spiel des Jahres 2017.

Viel Spaß beim Erkunden, euer

Hatelix

Veröffentlicht: 14.03.2018
Bearbeitet: 15.03.2018
Kategorie: Gaming

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